Rammelsberg // 05

Treppe vom Vorraum im Eingangsbereich zur Lohnhalle, 1953 / 2020

Deutlich werden die Ambitionen der Architekten Fritz Schupp und Martin Kremmer in Bezug auf die Berücksichtigung politischer Belange ihrer nationalsozialistischen Auftraggeber im Eingangsbereich und der Lohnhalle, der heutigen zentralen Eingangshalle des Weltkulturerbes. Der Bergarbeiter näherte sich dem neuen Haupteingang des Verwaltungsgebäudes mit Lohnhalle und Kauengebäude über den Ehrenhof.

Er betritt das Verwaltungsgebäude über eine fünfstufige Treppenanlage; die segmentbogige Wandöffnung der Eingangstür, bestehend aus zwei Doppelflügeln, ist durch rau bearbeitete Sandsteinquader gerahmt. Rechts und links des Eingangsportals stehen zwei Leuchten und über dem Segmentbogen sollte die Darstellung eines Adlers angebracht werden. Der Reichsadler, das Hoheitszeichen des Dritten Reiches, zierte – oft in Verbindung mit dem Hakenkreuz – zahlreiche Staats- bzw. Parteibauten […].[1]

Nach dem Durchschreiten des Eingangs gelangte der Bergarbeiter in einen, gemessen an der folgenden Lohnhalle, niedrigen Vorraum. Die niedrige Decke des Vorraums verursacht eine Art Demutshaltung vor dem, was danach kommen sollte. Denn eine breite Steintreppe führte den Bergmann direkt in die hohe Lohnhalle als den zentralen Ort der Lohnverwaltung. Hier wurde von den einzelnen Reviersteigern wöchentlich an verschiedenen Schaltern der Lohn in einer kleinen Tüte an die Bergleute übergeben. Bereits vor dem Ersten Weltkrieg entwarf insbesondere Alfred Fischer als Element der Bergwerksverwaltung die repräsentative Lohnhalle.

 

[1] Kristina Pegels-Hellwig: Bauten für die Industrie. Der zeichnerische Nachlass der Architekten Fritz Schupp und Martin Kremmer 1921 – 1971, Bochum 2012, S. 155

1940

Nordwand der Lohnhalle direkt über dem Treppenaufgang mit der Büste Adolf Hitlers und Beflaggung, um 1940. Über der Eingangstreppe auf einen Sockel stand die Büste von Adolf Hitler. Sie wurde flankiert von einer Hakenkreuzfahne und einer Fahne der Dt. Arbeitsfront. Bei Festveranstaltungen in der Lohnhalle richteten die Betriebsführer die Blickrichtung auf die Büste Hitlers aus. 

Meist über zwei oder drei Geschosse hoch, mit aufwendiger Kachelverkleidung im Sockelbereich (gegen den Schmutz der Bergleute) und getäfelten Decken, häufig auch mit einem Umgang im ersten Geschoß, bildeten die Lohnhallen die direkten Kontaktstellen zwischen den Lohn austeilenden Unternehmen und dem Bergmann. Während des täglichen Betriebsablaufs empfingen die Bergleute ihre Dienstanweisungen von den Steigern, die am Rande der Lohnhalle ihre Büros hatten. Am Zahltag füllte sich die Halle und der Kumpel nahm am Schalter seine Lohntüte entgegen. […] Die Art der Lohnausteilung war natürlich auch eine willkommene Gelegenheit für die Unternehmen, dem kleinen Bergmann ihre Größe baulich vor Augen zu führen und ihm dies auch regelmäßig ins Bewußtsein zu rufen.[1]

 

[1] Wilhelm Busch: F.Schupp, M. Kremmer. Bergbauarchitektur 1919 – 1974, Köln 1980, S. 40.

 

Lohnhalle mit dem Wandgemälde „Feierabend“, 1938/2020

Diese Funktionen der Lohnhalle wurden von den nationalsozialistischen Betriebsführern willkommen aufgenommen und mit Attributen ihrer Machtdemonstration ergänzt.

Die Lohnhalle des Erzbergwerkes Rammelsberg wurde von Schupp / Kremmer ebenfalls symmetrisch gestaltet und die imaginäre Mittelachse leitete den Bergarbeiter beim Hinaufsteigen der Treppe zwangsläufig auf das an der Südwand befindliche Wandbild.